„ … daß ich mich verheirate,
soll kein Grund sein,
daß ich nichts werde.“
Paula Becker, Brief an die Mutter, 3.11.1900
Paula Modersohn-Becker (1876-1907) ist heute eine international anerkannte Künstlerin. Zu Lebzeiten bleibt ihr dieser Ruhm verwehrt. Als „Malweib“ belächelt und kritisiert, lebt Paula Modersohn-Becker in einer Zeit, in der Frauen als eigenständige Künstlerinnen nicht wahrgenommen werden.
Allein durch ihren unbeirrten Willen und ihren Mut, selbst persönliche Einschränkungen hinzunehmen, gelingt es ihr, die eigenen Ziele zu verfolgen und kontinuierlich an ihrem künstlerischen Ausdruck zu arbeiten. Am 8. Februar 1876 wird Paula Becker in Dresden geboren. Die gutbürgerliche Familie zieht 1888 nach Bremen. Früh zeigt sich Paula Beckers Interesse an Kunst; auf Drängen der Eltern besucht sie nach der Schulausbildung zunächst ein
Lehrerinnenseminar.
Während eines England-Aufenthaltes erhält sie ersten Zeichenunterricht, später nimmt sie Malunterricht im Verein der Berliner Künstlerinnen und Kunstfreundinnen. Im Sommer 1897 hält sie sich erstmals in Worpswede auf. Sie knüpft Kontakt zum Maler Fritz Mackensen, der als Entdecker der Künstlerkolonie gilt. Er wird ihr Lehrer, als sie im Herbst 1898 ins Künstlerdorf übersiedelt. 1901 heiratet sie den Landschaftsmaler Otto Modersohn, dessen erste Ehefrau ein Jahr zuvor verstorben war. Entgegen der gesellschaftlichen Konvention, sich nach der Hochzeit ausschließlich dem Haushalt und der Kindererziehung zu widmen, behält sie ihr Atelier und setzt die künstlerische Arbeit fort. Von 1900 bis 1907 reist Paula Modersohn-Becker wiederholt – ohne ihren Mann – nach Paris und studiert während der mehrmonatigen Aufenthalte an der Akademie Colarossi und an der École des Beaux-Arts. Paris bietet bessere Ausbildungsmöglichkeiten für Frauen und Museen wie Galerien animieren zur Auseinandersetzung mit den großen Meistern und der künstlerischen Avantgarde. Intensiven Einfluss haben Werke von Cézanne und Gauguin, deren große Bedeutung Paula Modersohn Becker als eine der ersten unter den Künstler*innen in Deutschland erkennt.
Die Ehe mit Otto Modersohn ist nicht ohne Spannungen. Eine gleichberechtigte Künstlerehe ist angesichts der herrschenden Konventionen kaum möglich. Der innere Drang, etwas aus sich zu machen und als Künstlerin Anerkennung zu finden, wird immer größer. Gegen das Unverständnis der Männerwelt, den Widerstand der Familie und den Spott der Kunstkritik malt Paula Modersohn-Becker unbeirrt ihre Bilder.
1906 plant sie einen längeren Aufenthalt in Paris und beschließt, sich von ihrem Mann zu trennen. Als wirtschaftliche
Sorgen den Traum der Eigenständigkeit überschatten, gibt sie diesen Gedanken auf und kehrt nach glücklicher Versöhnung in ihr früheres Leben nach Worpswede zurück. In dieser Zeit entstehen bahnbrechende Werke. Mit ihrer Schwangerschaft erfüllt sich ein langersehnter Wunsch. Doch wenige Tage nach der Geburt ihrer Tochter Mathilde stirbt Paula Modersohn-Becker mit nur 31 Jahren – am 20. November 1907 – an einer Embolie.
Posthum tritt ein immens großes Schaffenswerk zutage. Bäuerliche Frauen und Kinder, Selbstbildnisse – sie ist die erste Frau, die sich als Akt selbst malt – und Stillleben bestimmen ihre Motivwahl. Ausgehend vom Naturlyrismus der Jahrhundertwende erreicht die Malerin in ihren Bildern eine künstlerische Handschrift, die sie zu einer Wegbereiterin des deutschen Expressionismus macht. Neben ihrer Kunst stellen Briefe und Tagebücher bedeutende Dokumente ihres inneren Kampfes als Frau und Künstlerin dar. 1927 wird in Bremen in der Böttcherstraße weltweit das erste Museum, das einzig einer Künstlerin gewidmet ist, eröffnet. Dauerhaft werden hier heute Meisterwerke seiner Namensgeberin Paula Modersohn-Becker präsentiert.
Begeben Sie sich auf die Spuren der Künstlerin. Den gesamten Flyer können Sie hier herunterladen.
frauenORTE Niedersachsen ist eine Initiative des Landesfrauenrates Niedersachsen e.V., die Leben und Wirken bedeutender historischer Frauenpersönlichkeiten lebendig werden lässt und in der breiten Öffentlichkeit bekannt macht. Die Initiative will auch dazu beitragen, dass Frauengeschichte und Frauenkultur einen festen Platz im Spektrum kulturtouristischer Angebote erhalten.
Näheres unter: www.frauenorte-niedersachsen.de